T E X T S U N                   
Korrektorat, Lektorat, Textredaktion

„Warum Lektoren niemals aussterben“
Ein vergnüglicher Kurztext von Cornelia Lutz

Ein weißes Blatt Papier … ist langweilig. Gähnende Leere. Nix.


Und dann kommt sie, eine Imagebroschüre, mit sagenhaften 20 Seiten! Mein Lektorenherz beginnt aufgeregt zu pochen. „Berufe mit Zukunft“, das klingt spannend. Ob das schon alles war? Natürlich nicht! In den kommenden Wochen gesellt sich ein Spielwarenkatalog mit fantastischen 185 Seiten hinzu. Websites, Geschäfts- und Finanzberichte, Abschlussarbeiten, ein pfiffiger Werbebrief sowie eine hieb- und stichfeste Pressemitteilung folgen auf dem Fuß – verzückt blicken meine Lektorenaugen auf all die tanzenden Buchstaben. Sie sind glücklich …


Wer? Ups, Sie haben recht, das ist ein ungenauer Bezug. Die Lektorenaugen sind gemeint, nicht die Buchstaben. Tztztz, so schnell kann der erste Fehler passieren. Ich lese gewissenhaft weiter und werde schnell fündig: „Eine zunehmend abnehmende Qualität“, das verwirrt. Und nur drei Zeilen später, da kommt er, der „Eifelturm“. Aber für solche „Zweiffelsfälle“ sind wir Lektoren schließlich da. Dann wird es allerdings richtig hart, der Duden lässt mich im Stich. „Meine Spürnase, pardon, meine Adleraugen sind gefragt.“ Schreibt man in dem Fall „Pardon“ groß oder klein? Der Duden weiß es leider auch nicht – nobody is perfect.


Weil ich gerade aus der Nähmaschine plaudere: Besonders beliebt sind verdrehte Redewendungen. Wussten Sie zum Beispiel, dass die Schuster (immer!) bei ihren Hosen bleiben müssen und es keine Eier legende Wolfmilchsau gibt? Beim Zopfe des Propheten, Schweigen ist Reden und Texten ist Gold. Das Telefon klingelt. „Könnten Sie bitte ganz schnell eine Pressemitteilung verfassen? Es eilt!“ „Ja, kein Problem“, antworte ich. Nur zehn Minuten später ein wirklich verzweifelter Anruf: „Ich hätte da ganz dringend einen Katalog zum Korrekturlesen. Etwa 280 Seiten mit viel Text und nur wenig Abbildungen. Schaffen Sie das bis morgen früh?“ Die ersten Schweißperlen bilden sich auf meiner Stirn. Ich rechne nach, wie viele Seiten ich in einer Stunde schaffen könnte. Wenn ich dann die ganze Nacht durcharbeiten und vielleicht einen freundlichen Netzwerk-Kollegen einspannen würde? Oder gleich zwei? Puh.


Das sind dann so Momente, da wünsche ich mir manchmal ein weißes Blatt Papier mit ganz viel Nix. Und eine einsame Insel. Oder ein cleveres Computerprogramm, das mal fix alle – und ich meine wircklich ale Fähler fienden, undh;; korriegiren könnde. Ha, das wär`s!
Und dann passiert es. Wie ein Blitz trifft mich der Gedanke: „Das kannst nur du!“, flüstert es leise in mein Ohr. „Nur ein Lektor hat so viel Sprachgefühl, so viel Textverständnis und Wortakrobatik im Blut. Du wirst da draußen gebraucht!“ Nicht lange und mir wird ganz warm ums Herz. Das hatte ich nicht bedacht. Nein, kneifen gilt nicht. Und außerdem würde es auf Dauer auch langweilig werden ohne meine kleinen Buchstabenfreunde.


In diesem Sinne: Wenn Sie vielleicht auch Texte haben, die noch an mancher Stelle den Leser verunsichern könnten. Nicht verzagen, TEXTSUN fragen. Meine Kollegen und ich, wir freuen uns auf Sie – yeap!